Wie werden Saisonarbeiter aus dem Ausland rechtssicher beschäftig?

Wie können Sie ausländische Saisonarbeitskräfte rechtssicher beschäftigen? Welche Besonderheiten müssen Sie bei der Sozialversicherung und bei der Lohnsteuer beachten? Gilt der gesetzliche Mindestlohn auch für Saisonarbeitnehmer?

Zahlreiche Unternehmen in Deutschland sind auf die Mitarbeit von Saisonarbeitern angewiesen, insbesondere als Erntehelfer in der Landwirtschaft und als Servicekräfte in der Gastronomie. Vielfach greifen die Betriebe dabei auf Saisonarbeiter aus dem Ausland zurück.

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Wer darf in Deutschland als Saisonarbeiter tätig werden?

Arbeitnehmer aus anderen EU/EWR-Mitgliedsstaaten sowie aus der Schweiz benötigen zur Arbeitsaufnahme in Deutschland keine Arbeitserlaubnis. Personen aus diesen Staaten können aufgrund der geltenden Arbeitnehmerfreizügigkeit eine Saisonbeschäftigung in Deutschland aufnehmen.

Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten, den sogenannten Drittstaaten, benötigen zur Arbeitsaufnahme in Deutschland in der Regel ein Visum sowie die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Erwerbstätigkeit in Deutschland.

Gemäß der sogenannten Westbalkanregelung dürfen Menschen aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien im Rahmen eines bestimmten Kontingents unter vereinfachten Bedingungen zur Beschäftigungsaufnahme nach Deutschland einreisen. Arbeitnehmer aus diesen Staaten müssen folgende Voraussetzungen erfüllen, wenn sie in Deutschland eine Beschäftigung aufnehmen möchten: Sie müssen einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot vorliegen haben, sie dürfen in den letzten 24 Monaten vor Antragstellung keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen haben und sie müssen die visarechtlichen Voraussetzungen für die Einreise nach Deutschland erfüllen.

Nicht-EU-Bürger können im Bereich der Land- und Forstwirtschaft als Saisonarbeitskräfte beschäftigt werden, falls eine Vermittlungsabsprache zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitsverwaltung im Drittstaat besteht. In diesem Fall gewährt die Bundesagentur für Arbeit auf Antrag eine Arbeitserlaubnis, wenn ein Arbeitnehmer ein konkretes Arbeitsplatzangebot zur Beschäftigung in der Landwirtschaft für die Dauer von bis zu 90 Tagen für saisonabhängige Tätigkeiten von regelmäßig mindestens 30 Stunden wöchentlich vorliegen hat. Sind diese Voraussetzungen gegeben, entfällt die Visumspflicht.

Welches Sozialversicherungsrecht gilt?

Die entscheidende Weichenstellung bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von ausländischen Saisonarbeitskräften ist die Frage, ob sie in ihrem Heimatland einer sozialversicherungspflichtigen (Haupt-)Beschäftigung nachgehen oder nicht.

Falls der ausländische Arbeitnehmer in seinem Heimatland eine sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigung ausübt, gilt für den Arbeitnehmer auch während der Saisontätigkeit in Deutschland das Sozialversicherungsrecht seines Heimatlandes. Das heißt, dass sich in diesen Fällen auch die Sozialversicherungsbeiträge nach den Regeln des Heimatlandes richten. Dafür muss die Saisonarbeitskraft seinem Arbeitgeber in Deutschland die Bescheinigung „A1″ vorlegen. Damit weist der ausländische Arbeitnehmer nach, dass für ihn die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften des Landes gelten, in dem er seine Hauptbeschäftigung hat. Eine Kopie der Bescheinigung sollten Sie zu den Lohnunterlagen nehmen. Legt der Saisonarbeiter keine A1-Bescheinigung vor, sollten Sie ihn einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit ausfüllen lassen, um herauszufinden, ob er im Heimatland eine Beschäftigung hat oder nicht.

Das Sozialversicherungsrecht des Heimatlands des Saisonarbeiters gilt auch dann, wenn dieser in seiner Heimat selbstständig ist und als Saisonarbeiter in Deutschland eine ähnliche Tätigkeit ausführt, zum Beispiel wenn ein selbstständiger Landwirt aus Polen vorübergehend als Erntehelfer in Deutschland tätig ist.

Wenn der Saisonarbeiter in seinem Heimatland nicht erwerbstätig ist (zum Beispiel Studierende oder Rentner) oder wenn er vor der Aufnahme der Saisonbeschäftigung in Deutschland in seinem Heimatland arbeitslos war, dann gilt das deutsche Sozialversicherungsrecht. Das heißt, dass diese Beschäftigten grundsätzlich in Deutschland sozialversicherungspflichtig sind und bei einer inländischen Krankenkasse als „Saisonarbeitnehmer“ angemeldet werden müssen. Jedoch besteht die Möglichkeit, Saisonarbeitskräfte mit dem Modell „kurzfristige Beschäftigung“ sozialversicherungsfrei zu beschäftigen.

Ist kurzfristige Beschäftigung möglich?

Für die zeitlich begrenzte Anstellung ausländischer Saisonarbeitskräfte in Deutschland bietet sich die sogenannte kurzfristige Beschäftigung an. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt immer dann vor, wenn die Tätigkeit im Voraus auf maximal 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt ist. Kurzfristige Beschäftigungen sind beitragsfrei in der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung, sofern die Beschäftigung „nicht berufsmäßig“ ausgeübt wird. Bei einer kurzfristigen Beschäftigung gibt es – im Gegensatz zum Minijob – keine Verdienstobergrenze.

Zu beachten ist: Arbeitgeber müssen kurzfristig beschäftigte Saisonarbeiter bei der Minijob-Zentrale anmelden. Es ist möglich, für sozialversicherungsfrei beschäftigte Erntehelfer aus dem Ausland eine spezielle Kranken- und Unfallversicherung für Erntehelfer abzuschließen, damit im Fall einer Krankheit oder eines Unfalls eine Behandlung in Deutschland gewährleistet ist.

Wie wird dasKriterium „Berufsmäßigkeit“ geprüft?

Kurzfristige Beschäftigungen sind nur dann sozialversicherungsfrei, wenn sie „nicht berufsmäßig“ ausgeübt werden. „Berufsmäßig“ bedeutet, dass die Tätigkeit für die beschäftigte Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist.

Übt beispielsweise eine arbeitslose Person oder ein Arbeitnehmer, der sich im unbezahlten Urlaub befindet, eine Erntehelfertätigkeit als kurzfristige Beschäftigung aus, so liegt Berufsmäßigkeit vor. Demnach ist die kurzfristige Beschäftigung in diesen Fällen sozialversicherungspflichtig, sofern das Monatsgehalt über der Minijobgrenze (derzeit 556 Euro monatlich) liegt.

Keine Berufsmäßigkeit liegt dagegen zum Beispiel vor, wenn die kurzfristige Beschäftigung als Nebenjob während des Studiums während der Rente oder als Zweitjob neben einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ausgeübt wird. In diesen Fällen ist die kurzfristige Beschäftigung – unabhängig von der Höhe des gezahlten Entgelts – sozialversicherungsfrei.

Bei einer kurzfristigen Beschäftigung muss der Arbeitgeber folgende Umlagen abführen:

  • Umlage U1 (nur wenn die Beschäftigung länger als 4 Wochen dauert)
  • Umlage U2
  • Insolvenzgeldumlage

Für Saisonarbeiter aus dem Ausland, die während ihrer Tätigkeit in Deutschland weiter dem Sozialversicherungsrecht ihres Heimatlandes unterliegen, sind keine Umlagen zu zahlen.

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Was sagt das deutsche Arbeitsrecht?

Bei der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland gilt – unabhängig von der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung – das inländische Arbeitsrecht.

So sind insbesondere die in Deutschland geltenden Arbeitsschutzvorschriften auch bei ausländischen Saisonarbeitern anzuwenden. Die Regelungen zu den täglichen Höchstarbeitszeiten und zum Anspruch auf Urlaub gelten auch für Saisonarbeitskräfte.

Darüber hinaus sollte ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen werden. Die zeitliche Befristung der Beschäftigung muss ohnehin in schriftlicher Form erfolgen. Welche Vertragsbedingungen der Arbeitsvertrag beinhalten muss, können Sie dem Nachweisgesetz entnehmen.

Wichtig: Das Mindestlohngesetz gilt auch für ausländische Saisonarbeitnehmer, die in Deutschland beschäftigt werden. Demnach muss auch Saisonarbeitern der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden. Dieser liegt in 2025 bei 12,82 Euro pro Stunde. Bei Saisonarbeitern darf Kost und Logis ausnahmsweise auf den Mindestlohn angerechnet werden. Dabei darf aber der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden und die Anrechnung der Sachleistungen darf die Höhe des pfändbaren Teils des Lohns nicht übersteigen.

Wie sieht es mit Saisonarbeit und Lohnsteuer aus?

Kurzfristige Beschäftigungen sind grundsätzlich lohnsteuerpflichtig. Die Lohnsteuerberechnung kann nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen erfolgen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Besteuerung mit einer pauschalen Lohnsteuer in Höhe von 25 Prozent erlaubt.

Für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft (Erntehelfer) kann gemäß § 40a Abs. 3 Einkommensteuergesetz – unter bestimmten Voraussetzungen – ein günstiger Pauschalsteuersatz von 5 Prozent genutzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Saisonarbeiter:

  • ausschließlich mit typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt wird,
  • nicht länger als 180 Tage pro Kalenderjahr beim deutschen Arbeitgeber arbeitet,
  • keine land- und forstwirtschaftliche Fachkraft ist,
  • nur Tätigkeiten ausführt, die nicht ganzjährig anfallen und
  • der Stundenlohn nicht über 19 Euro liegt.

Die Pauschalsteuer trägt in der Regel der Arbeitgeber. Es kann aber auch vereinbart werden, dass der Mitarbeiter die Pauschalsteuer übernimmt.

Hinweis: Ausländische Saisonarbeiter werden grundsätzlich in Deutschland als beschränkt steuerpflichtig eingestuft. Für den Fall, dass sie den Großteil ihres Jahreseinkommens – mindestens 90 Prozent – in Deutschland erzielen, können sie beim zuständigen Finanzamt beantragen, als „unbeschränkt steuerpflichtig“ behandelt zu werden. Dann weist ihnen das Finanzamt die Lohnsteuerklasse 1 zu. Das hat den Vorteil, dass der Saisonarbeiter personenbezogene Vergünstigungen in Anspruch nehmen kann.