Die Industrie und die Folgen des Fachkräftemangels in Deutschland
Seit vielen Jahrzehnten ist Deutschland als eine der führenden Industrienationen bekannt und hat sich einen Namen gemacht. Überall auf der Welt steht Deutschland für starke Unternehmen, die hoch qualifizierte Mitarbeiter beschäftigen. Seine stabile Wirtschaft hat Deutschland zu einem globalen Zentrum für viele Branchen gemacht. Gerade im Maschinenbau, der Automobilindustrie und im Bereich von Hightech ist Deutschland bekannt.
Inhaltsverzeichnis
- Die Industrie und die Folgen des Fachkräftemangels in Deutschland
- Warum fehlen in der Industrie so viele Fachkräfte?
- Verlieren Unternehmen die Geduld und wandern ins Ausland ab?
- Warum könnten deutsche Unternehmen abwandern?
- Warum entscheiden sich deutsche Unternehmen dennoch für Deutschland?
- Welche Maßnahmen muss die Politik ergreifen?
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Allerdings sieht sich Deutschland auch seit einigen Jahren dem Fachkräftemangel ausgesetzt. Es gibt immer mehr deutsche Firmen, die Schwierigkeiten haben, qualifizierte Fachkräfte für ihre Industrie zu finden. Gerade die technischen Berufe bleiben oftmals unbesetzt, was dazu führt, dass die Produktivität und Innovationskraft deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb gefährdet ist. In vielen Branchen fehlen Ingenieure, Mechatroniker, Facharbeiter und IT-Spezialisten.
Ein weiterer Punkt ist, dass viele erfahrene Fachkräfte in den Ruhestand gehen und einfach nicht genug Nachwuchs nachrücken, um diese Lücke zu schließen.
Deshalb werden in den letzten Jahren immer mehr Fragen aufgeworfen. Es stellt sich die Frage, ob deutsche Unternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagern, da sie nicht genug Fachpersonal haben. Außerdem fragt man sich, was die deutsche Politik unternehmen kann, damit der Standort Deutschland langfristig seine Stellung im internationalen Wettbewerb beibehalten kann.
Warum fehlen in der Industrie so viele Fachkräfte?
Leider ist der Fachkräftemangel in Deutschland kein kurzfristiges Problem. Man kann hier eher schon von einem strukturellen Phänomen sprechen. Es haben viele verschiedene Faktoren dazu geführt, warum dieser Mangel existiert.
Zuerst einmal gibt es in Deutschland den demografischen Wandel. Es ist leider so, dass die sogenannten Babyboomer Jahrgänge der Jahre 1950 und 1960 jetzt in den Ruhestand gehen. Gleichzeitig rücken zu wenig neue Arbeitskräfte nach, da auch in Deutschland die Geburtenrate zurückgegangen ist. Man geht aktuell davon aus, dass Deutschland bis zum Jahr 2035 bis zu 7 Millionen Arbeitskräfte fehlen werden. Gerade in den Bereichen Handwerk und Technik stehen gerade viele Fachkräfte kurz vor der Rente.
Wir sprachen das Thema schon kurz an, die Geburtenrate ist zurückgegangen. In der Vergangenheit hat im Durchschnitt eine Frau 2,5 Kinder geboren. Mittlerweile liegt der Schnitt nur noch bei 1,5 Kindern. Das bedeutet, dass jede Menge junge Menschen fehlen, die eine Ausbildung antreten könnten und in industrielle Berufe eintreten könnten.
Viele junge Menschen entscheiden sich außerdem eher für den akademischen Werdegang statt der Ausbildung. In den letzten Jahren ist die Rate dramatisch nach oben gegangen. Im Jahr 1992 haben sich noch etwa 65 % der Schulabgänger für eine duale Ausbildung entschieden. Mittlerweile sind es weniger als 40 % und gleichzeitig steigt damit die Rate der Studienanfänger.
Ein Grund dafür ist, dass viele junge Menschen industrielle und handwerkliche Berufe als weniger prestigeträchtig betrachten. Sie sehen darauf herab und haben Sorge, dass sie dort zu viel arbeiten und zu wenig verdienen. Dabei sind diese Berufe wichtig für Deutschland und bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Ein weiterer Punkt ist, dass Fachkräfte aus anderen Ländern schwere und langwierige Bürokratie haben, die sie in Deutschland überbrücken müssen. Andere Länder wie Kanada und Australien sind da wesentlich offener und machen es den Arbeitskräften einfacher. Im Gegenteil, sie setzen sogar gezielt auf die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte. In Deutschland ist der Prozess so langwierig, dass die Kräfte oft Monate oder sogar Jahre darauf warten müssen, dass ihre Qualifikation für den Job aus dem Ausland in Deutschland anerkannt wird.
Außerdem ist die deutsche Sprache ein Punkt, der viele Arbeitskräfte abschreckt. Natürlich wird in großen Konzernen auch Englisch gesprochen, aber die Behörden erwarten von den Arbeitskräften darüber hinaus auch Deutschkenntnisse. Leider ist Deutsch aber keine Sprache, die man mal eben so schnell lernen kann.
Verlieren Unternehmen die Geduld und wandern ins Ausland ab?
Viele deutsche Unternehmen sehen sich vor der Entscheidung, ob sie weiterhin in Deutschland produzieren möchten oder ob sie ihre Produktion ins Ausland verlagern. Wenn sie in Deutschland weiter produzieren, werden sie weiterhin den Fachkräftemangel erleben. Es kann in manchen Fällen wirtschaftlich klüger sein, dass sie dadurch ihre Produktion besser ins Ausland verlagern.

Warum könnten deutsche Unternehmen abwandern?
Ein großer Faktor sind die hohen Lohnkosten in Deutschland. Dadurch ist der Standort bereits teuer. Der Druck kann aber auf Unternehmen weiter wachsen, wenn Fachkräfte fehlen und die Löhne deshalb weiter steigen. Im Unterschied dazu gibt es gerade in Osteuropa gut ausgebildete Fachkräfte. Gerade in Polen, Tschechien und Ungarn sind die Löhne deutlich niedriger. Außerdem sind die Arbeitsgesetze dort wesentlich flexibler. In Deutschland gibt es strikte Vorschriften zur Arbeitszeit, zum Kündigungsschutz und zu den Tarifverträgen. Gerade in anderen osteuropäischen Ländern genießen die Unternehmen mehr Freiheiten.
In anderen Ländern locken internationale Firmen darüber hinaus die Arbeitnehmer. Sie bieten ihnen steuerliche Anreize und Förderprogramme. So haben sich in den letzten Jahren besonders die Länder China, Indien und Vietnam in der Industrie einen Namen gemacht und gelten als attraktive Standorte. Dort gibt es günstigere Grundstücke, die Energiekosten sind wesentlich niedriger, und die Länder geben deutschen Unternehmen gezielte Subventionen, wenn sie dort ihre Produktion ansiedeln.
Warum entscheiden sich deutsche Unternehmen dennoch für Deutschland?
Es gibt aber trotzdem noch genug Gründe, warum sich Unternehmen weiterhin für Deutschland für ihre Produktion entscheiden. Zum einen spielt die hohe Qualität der Arbeitskräfte eine große Rolle für Unternehmen. Nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt genießen deutsche Arbeiter einen exzellenten Ruf. Arbeitgeber schätzen ihre Pünktlichkeit, die Verlässlichkeit, die Eigenverantwortung, die sie im Job übernehmen. Auch das präzise Arbeiten und ihr innovatives Denken sind Dinge, die Arbeitgeber überall auf der Welt zu schätzen wissen.
Im Moment befinden sich viele Dinge im Wandel, und Deutschland bietet Unternehmen weiterhin eine stabile politische und wirtschaftliche Umgebung. In vielen Ländern müssen Unternehmen mit politischen Unsicherheiten, Korruption oder plötzlichen Gesetzesänderungen rechnen.
Auch die Nähe zur Forschung spielt eine große Rolle. Universitäten und technische Hochschulen arbeiten eng mit der Industrie zusammen, sodass neue Technologien schnell entwickelt und in die Produktion integriert werden können.
Welche Maßnahmen muss die Politik ergreifen?
Deutschland muss als Produktionsstandort weiterhin attraktiv bleiben. Damit das so sein kann, müssen gezielte Maßnahmen von der Regierung ergriffen werden.
Zuerst einmal muss das Ausbildungssystem in Deutschland mehr Anreiz bieten, damit sich junge Menschen dafür entscheiden. Es kann zum Beispiel eine höhere Ausbildungsvergütung sein. Viele Jugendliche entscheiden sich gegen eine Ausbildung, weil sie finanziell weniger attraktiv erscheint als ein Studium. Wenn Auszubildende jedoch angemessen bezahlt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich für einen praktischen Beruf entscheiden.
Auch Kooperationen von Schulen mit Unternehmen sind eine große Hilfe. Dabei wird praxisorientierter Unterricht angeboten, oder die Schüler können ein Betriebspraktikum absolvieren und Exkursionen in Industriebetriebe machen. So lernen sie die Bedeutung von technischen Berufen kennen.
Außerdem muss Deutschland gezielt ausländische Fachkräfte anwerben. Es gibt zum Beispiel in Kanada ein Punktesystem. Dabei werden hoch qualifizierte Arbeitskräfte schneller ins Land geholt. So kann der Arbeitskräftemangel gemildert werden.
Außerdem ist es wichtig, dass die Bürokratie abgebaut wird. Es kann nicht sein, dass hoch qualifizierte Arbeitskräfte jahrelang auf die Anerkennung ihrer Abschlüsse warten müssen. In der Zwischenzeit absolvieren sie minderwertige Arbeiten und fühlen sich frustriert. Viele kehren frühzeitig in ihr Heimatland zurück. Es müssen schnellere Verfahren eingeführt werden und digitale Antragsprozesse. Die ausländischen Mitarbeiter müssen außerdem geschult werden, wenn es um die deutsche Sprache geht.
Es gibt noch viele Dinge, die in der Zukunft von der Politik angefasst werden müssen – aber nur durch gezielte Förderung und attraktive Maßnahmen für ausländische Mitarbeiter wird Deutschland in der Lage sein, seinen Status in der weltweiten Wirtschaft halten zu können.
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